Wochenlang regelrecht gekämpft

Medizin Team aus Johanneum und Praxiszentrum rettet zwei EHEC-Patienten

Quelle: 23.06.2011, Nordwest-Zeitung, Stefan Idel
„Die Verzahnung von Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten läuft hier optimal“, blickt Dr. Claus-Fabian Lange, niedergelassener Nierenspezialist (Nephrologe) am Praxiszentrum direkt neben dem Johanneum, auf anstrengende Wochen zurück. Gemeinsam mit dem Team der „Inneren“ an der Wildeshauser Klinik, unter der Leitung von Chefarzt Dr. Frank Steffens, wurden zwei schwer erkrankte Patienten mit dem Darmkeim EHEC erfolgreich behandelt. Die „Medizin der kurzen Wege“ habe sich bewährt, betonte auch Dr. Steffens am Mittwoch, nach der Entlassung des letzten EHEC-Patienten. Insgesamt 20 Patienten mit Durchfall hatten sich Ende Mai im Johanneum vorgestellt. Sie wurden routinemäßig isoliert. Da die Innere Medizin nur über 56 Planbetten verfüge, habe das den Gesamtbetrieb durchaus eingeschränkt, so Verwaltungsdirektor Hubert Bartelt. Bei zwei Männern, 48 und 40 Jahre alt, hatte sich der EHEC-Verdacht bestätigt. Sie hatten aufgrund des von dem Erreger ausgelösten sogenannten hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) einen „sehr intensiven Krankheitsverlauf“, berichtete Dr. Steffens. Das HUS ist die schwere Komplikation bei einer EHEC-Infektion. Beide Männer litten unter blutigem Durchfall und heftigen Bauchschmerzen. Die Nieren versagten; sie mussten zur Dialyse. Lange: „Sie haben einen Plasma-Austausch bekommen.“ Trotz Blutwäsche trat keine Besserung ein. Im Gegenteil: Die Männer litten unter neurologischen Störungen. Der ältere Patient hatte sogar einen epileptischen Anfall und musste beatmet werden. „Wir haben zwei Wochen lang regelrecht gekämpft“, sagt Lange im Nachhinein. Über die Hotline der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie sowie mit Kollegen am Uni-Klinikum Eppendorf und der Medizinischen Hochschule Hannover tauschten sich die Mediziner aus. Sie fanden den „Rettungsanker“: Das seit 2007 gegen eine seltene Blutkrankheit zugelassene Medikament „Eculizumab“, das bei HUS noch nicht wissenschaftlich getestet war. Es wurde siebenmal wöchentlich verabreicht. „Eine Infusion kostet eigentlich 15 000 Euro“, verriet Bartelt. Aber die Herstellerfirma habe das Medikament kostenlos zur Verfügung gestellt. Schlagartig stellte sich eine Besserung ein. Inzwischen haben beide Männer die Klinik verlassen, müssen aber aufgrund ihrer „Blutarmut“ noch über längere Zeit ambulant behandelt werden. „Wir haben Hochleistungsmedizin gemacht, wie sie eigentlich nur an Zentren praktiziert wird“, sagte Bar­telt. Die Ärzte seien bundesweit in Diskussionen mit Experten eingebunden gewesen. Sogar das Klinikum Bremen-Mitte habe angefragt, ob das Johanneum Patienten übernehmen könne. Das war dann nicht mehr erforderlich. „Wir versuchen, heimatnah eine vernünftige Medizin anzubieten“, so Steffens. Die Nähe zu den niedergelassenen Ärzten habe sich bewährt: Als es bei den EHEC-Patienten zu neu­rologischen Ausfällen kam, war auch Neurologin Dr. Angelika Preiss aus dem Praxiszentrum blitzschnell vor Ort.