Christiane Bramlage arbeitet seit 25 Jahren als Nachtschwester
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27.07.2011, Wildeshauser Zeitung, Martin Siemer
Ganz Wildeshausen schläft. Ganz Wildeshausen? Nein, es gibt auch in der Kreisstadt Menschen, die dann arbeiten, wenn andere im Bett liegen. Unsere neue Serie „Nachtarbeiter“ stellt diese Menschen vor. Den Auftakt macht Christiane Bramlage aus Visbek. Sie arbeitet als Nachtschwester im Krankenhaus Johanneum.
Kurz vor 22 Uhr, für Christiane Bramlage beginnt gleich die Nachtschicht auf Station zwei im Krankenhaus Johanneum. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Ute Weinert ist sie in dieser Nacht für insgesamt 36 Patienten der chirurgischen Abteilung mit den Stationen zwei und drei verantwortlich. Bevor der Dienst beginnt, gibt es die Übergabe. Annegret Ledoux, die an diesem Tag den Spätdienst auf der Station zwei absolvierte, informiert Christiane Bramlage über die 19 Patienten auf der Station.
Einige sind „Selbstversorger“, kümmern sich also weitgehend um sich selbst, was Toilettengang oder ähnliches angeht. Andere wiederum sind auf die Hilfe der Nachtschwester angewiesen. Auch die Medikamente, die verabreicht werden müssen, sind detailliert aufgelistet. All das wird akribisch schriftlich für jeden einzelnen Patienten festgehalten. Bis um 6 Uhr in der Frühe geht der Dienst von Christiane Bramlage.
Seit 25 Jahren arbeitet die 51-Jährige als Nachtschwester, 20 Jahre davon im Krankenhaus Johanneum. „Ich bin da so reingerutscht“, sagt sie, während sie die Unterlagen zusammenpackt. Ihre Ausbildung absolvierte sie in Osnabrück. Dort lernte sie auch ihren Ehemann kennen. Als dieser beruflich den Ort wechselte, bot sich für Bramlage die Gelegenheit, dort in einem Krankenhaus als Nachtschwester zu arbeiten. Seitdem ist sie dabei geblieben. Nur als ihre vier Kinder geboren wurden, setzte sie aus.
„In den vergangenen Jahren hat sich viel geändert“, blickt Bramlage zurück. „Die Zeiten, in denen sich die Nachtschwestern Strickzeug mitbrachten, sind lange vorbei. Früher hat man im Stationszimmer gewartet, dass sich einer der Patienten über die Klingel meldet.“ Heute gibt es alle zwei Stunden einen Rundgang durch jedes belegte Zimmer. Den ersten macht sie unmittelbar nach Dienstbeginn. Sie schaut nach den „Problempatienten“. Das sind diejenigen, die sich nicht selbst im Bett drehen können oder die selben Tag operiert wurden. Bei diesem Rundgang gibt es aber keine besonderen Vorkommnisse. Anschließend schnappt sich die Nachtschwester die Pflegearbeitswagen und bereitet diese für den Frühdienst vor. Desinfektionslösung und Handcreme müssen aufgefüllt, die Handschuhe in allen Größen bereitgestellt werden.
Im Stationszimmer zwischen den beiden Stationen stellen Christiane Bramlage und Ute Weinert dann die Medikamente für den kommenden Tag zusammen. Anhand einer von den Ärzten vorgegebenen Dosierung erhält jeder Patient individuell die von ihm benötigten Arzneien. Jede einzelne Tablette wird aus der Bestandsliste ausgetragen.
Die Kaffeemaschine läuft, Zeit für eine kurze Pause. Doch dass Summen der Rufanlage unterbricht die Pause. Eine Patientin hat die Nachtschwester gerufen. Bramlage kümmert sich um die Frau und dann wieder um die Medikamententabletts. Um Mitternacht macht sie mit Ute Weinert die nächste Runde durch alle Zimmer der beiden Stationen. Einige Patienten müssen neu gelagert werden, damit sie sich nicht wund liegen. Die beiden Nachtschwestern erledigen diese körperlich anstrengende Arbeit gemeinsam. Bis zum Dienstende folgen noch drei weitere Runden.
Ihre Entscheidung, ausnahmslos im Nachtdienst zu arbeiten, hat Christiane Bramlage nicht bereut. „Ich arbeite eigenverantwortlich. Zwar habe ich einen Arzt an meiner Seite, aber ich kann und muss selbst entscheiden“, sagt sie. So ganz spurlos gehen die Nächte jedoch auch an ihr nicht mehr vorbei. „Früher bin ich morgens nach Hause gekommen und gleich eingeschlafen. Heute muss ich oft erst noch ein Buch lesen“, sagt sie und nippt an ihrem Kaffee. Dann summt wieder die Rufanlage. Wie noch häufiger in dieser Nacht.